Der dokumentierte Lebensweg 
Aus: Biographisches-Bibliographisches Kirchenlexikon, Verlag Traugott Bautz

 

SAVONAROLA, Hieronymus, Dominikaner, Ordensreformer und Bußprediger, * 21. 9. 1452 in Ferrara als dritter Sohn des Niccolò Savonarola und der Elena Bonacossi, † 23. 5. 1498 in Florenz. - Nach dem Vorbild seines Großvaters Michele Savonarola von seinem Vater für die ärztliche Laufbahn bestimmt, trat Savonarola nach dem Erwerb des akademischen Grades eines Magister artium zunächst das Studium der Medizin an. Am 24.4. 1476 verließ Savonarola sein Elternhaus, um in Bologna Mitglied des Dominikaner-ordens zu werden; noch in demselben Jahr legte er sein Gelübde ab. Nach dem Empfang der Diakonatsweihe am 1.5. 1477 trat Savonarola seine Predigerausbildung an und zwei Jahre später wurde er Novizenmeister im Dominikanerkloster zu Ferrara. Eine Generalversammlung der lombardischen Dominikanerkongregation berief ihn im Frühjahr 1482 zum Lektor in dem Florentiner Kloster San Marco, wo er die Hl. Schrift vorzulesen und in der Predigt auszulegen hatte. Infolge privater Offenbarungen (seit 1484) gewannen seine insbesondere während der Fasten 1485 und 1486 in San Gimignano gehaltenen Predigten ein zunehmend apokalyptisches Gepräge. Seine Erfahrungen von der Sündenverfallenheit seiner Zeitgenossen, vom Verschwinden der Guten, von Zauberei und Sterndeuterei, aber auch vom Pfründenwucher der Kleriker sowie vom moralischen Verfall der Kirche und von der Verkümmerung des christlichen Glaubens kontrapunktierte er in seinen Predigten mit der Erwartung eines von Gott heraufzu-führenden nahen Weltendes.
Im Bologneser Dominikanerkloster zum Magister studiorum ernannt, nahm Savonarola nach einjähriger theologischer Unterrichtstätigkeit das Predigeramt in Modena, Piacenza, Brescia und Genua auf, bis ihn auf Wunsch von Giovanni Pico della Mirandola Lorenzo de' Medici im Frühjahr 1490 nach Florenz zurückholte; im dortigen Kloster San Marco lehrte er zuerst Logik und später auch die Auslegung einzelner Bücher der Hl. Schrift. Als er im Juli 1491

 

zum Prior des Klosters
San Marco gewählt wurde, suchte er mit Hilfe der Loslösung San Marcos von der lombardischen und der Gründung einer eigenen toskanischen Kongregation (1493) das Klosterleben zu reformieren: Die Ordensregel sollte wieder in der ursprünglichen Strenge eingehalten und besonders das Ideal der Armut mit mehr Ernst gelebt werden, damit der Dominikanerorden zum Werkzeug für die christliche Erneuerung Italiens werde. Die militärische Besetzung von Florenz durch König Karl VIII. von Frankreich führte nicht nur zur Entmachtung der Medici, sondern auch dazu, daß Savonarola für seine Stadt politische Verantwortung übernehmen mußte: mit dem Ziel einer moralischen Erneuerung der Gesellschaft gab er seiner Stadt eine demokratische Verfassung auf christlicher Grundlage. Seit Herbst 1494 wandelten sich Savonarolas Predigten dahingehend, daß nicht mehr so sehr die Weltkatastrophe, sondern zunehmend die von Gott heraufgeführte Weltwende im Vordergrund stand: durch sein menschliches Werkzeug Karl VIII., den »neuen Cyrus«, straft und heilt Gott die »Hure Babylon«, die sich der Stadt Rom bemächtigt hat, erneuert er die Kirche und gestattet dem mit Frankreich verbündeten Florenz den Aufstieg zum »neuen Jerusalem«. Unter dem Druck seiner politischen Gegner innerhalb und außerhalb von Florenz, insbesondere aufgrund der Feindseligkeiten von Seiten Papst Alexanders VI. und der römischen Kurie verlor Savonarola ab Mitte der 90er Jahre zunehmend an Einfluß. In einem Breve vom 8. 9. 1495 wurde er von Alexander VI. der Ketzerei und der falschen Prophetie bezichtigt. Zur Schwächung der profranzösischen Partei in Florenz löste der Papst die von Savonarola geschaffene toskanische Ordenskongregation wieder auf und unterstellte sie erneut der lombardischen Kongregation, Savonarola aber erteilte er Predigtverbot. Seines Einflusses als Prediger beraubt, sammelte Savonarola nun seine unter dem Titel »Compendium revelationum« bekannt gewordenen Prophezeiungen, zugleich verfaßte er für den Druck



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bestimmte Schriften wie »Sopra i dieci comandamenti« oder »De simplicitate christianae vitae«. Die Savonarola auf Gesuch der florentinischen Stadtregierung von Rom mündlich wieder gestatteten Predigten richteten sich nun scharf gegen die Sittenverderbnis in Rom. Nachdem eine neue, nach dem Waffenstillstand zwischen Karl VIII. und der Liga der italienischen Staaten eingerichtete, Savonarola feindlich gegenüberstehende florentinische Stadtregierung diesem am 3. 5. 1497 ihrerseits die Predigt untersagt hatte, erging am 12. 5. 1497 ein römisches Breve, das S. wegen Ketzerei und Ungehorsams exkommunizierte.
Am 11. 2. 1498 nahm Savonarola seine Predigttätigkeit wieder auf, welche ihm aber auf Druck Roms von der florentinischen Stadtregierung erneut untersagt wurde. Nachdem zuletzt auch sein nach einem allgemeinen Konzil, von dem er die Absetzung Alexanders erhofft hatte, gescheitert war, wurde Savonarola am 8. 4. 1498 auf Erlaß der Regierung der Stadt Florenz verhaftet. Der schon einen Tag später in Florenz eröffnete Prozeß hatte schwerpunktmäßig seinen Ruf nach einem Konzil zum Inhalt. Mit Hilfe der Folter wurde Savonarola zu Geständnissen gezwungen, die er hinterher widerrief. Dennoch wurde er mit Zustimmung der päpstlichen Kommissare als Häretiker und Schismatiker verurteilt und zusammen mit den zwei ihm treu gebliebenen Ordensbrüdern Dominikus und Silvester am 23. 5. 1498 in Florenz hingerichtet, die Leichen der Gehenkten aber wurden verbrannt. - Savonarola teilte die im späten Mittelalter und in der Renaissance verbreitete Erwartung einer apokalyptischen Erneuerung von Kirche und Welt. Sein Sturz erfolgte weniger wegen seiner apokalyptischen Predigt, als vielmehr wegen der machtpolitischen Interessen der damals in den Staaten und in der Kirche Mächtigen. Erst im Jahre 1558 erklärte die römische Indexkongregation Savonarolas Schriften für rechtgläubig.

 

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